Menschen sind seit jeher fasziniert von Authentizität, egal wo sie auftritt.
Fragen sie einmal Pferdeliebhaber nach authentisch reinrassigen Pferden, seien sie nun elegant, kraftstrotzend oder stolz und sie können sehen wie die Augen leuchten, wenn sie davon erzählen.
Sportlern werden auch Niederlagen verziehen, solange die Menschen spüren, dass sie ihr Bestes geben, dass sie echte Leidenschaft zeigen und vorleben.
Staunend stehen wir z.B. vor profanen Plastiken des Expressionisten Ernst Barlach, den Altären von "Meister Matthis" Grünewald oder vor den Werken eines Michelangelo und die Augen beginnen zu leuchten. Wer wollte das reformieren?
Authentische Werke altern nicht, sie bleiben zeitlos. Die Werke eines Fortunatus oder Sedulius stehen auch heute noch im Brevier. Kein Geringerer als Thomas von Aquin
nahm den Hymnus "Pangue lingua" des Fortunatus als Grundlage für seinen gleichnamigen eucharistischen Hymnus. Berühmte Komponisten unterschiedlicher Epochen wie Josquin Deprez und Anton Bruckner vertonten den Fortunatus Hymnus "Vexilla regis". Sie taten das aus Ehrfurcht, Respekt und auf der Suche die authentische Kraft dieses zeitlosen Werkes für sich zu entdecken.
Von Sedulius stammen berühmte Hymnen wie z.B. "A solus ortis cardine" oder der Introitus vieler Marienfeste "Salve sancta parens"
Authentisches ist kraftvoll, bewegend, erschütternd. Die Komposition des Messias durch Händel ordnete der Schriftsteller Stefan Zweig als eine Sternstunde der Menschheit ein. Aber diese Kraft entfaltet sich nicht nur in der orchestralen Wucht großer Werke, nicht nur in den epochalen Schöpfungen eines Bruckner, Bach oder Händel. Es zeigt sich auch in einfachen Liedern. Über "Innsbruck, ich muss dich lassen" gibt es Äußerungen, dass Komponisten bereit wären ihre besten Werke zu geben für dieses Lied. Die Lieder eines Friedrich von Spee zählen zu den Highlights im Gotteslob und über das Faszinationspotential des schlichten "Es ist ein Ros entsprungen" können sich die Musikwissenschaftler der nächsten par hundert Jahre weiter den Kopf zerbrechen.
Um die archaisch anmutende Melismatik der antiken gregorianischen oder ambrosianischen Choräle zu verstehen, muss man kein Latein können, kein Musikwissenschaftler sein. Man muss nur seinen Geist öffnen und sich gefangen nehmen lassen von der Ästhetik dieses einstimmig gesungenen Gebets. Die Texte kann man überall übersetzt nachlesen.
Nicht jeder wird sich davon faszinieren lassen, aber er sollte die treibende Kraft, Gott, dahinter respektieren und er sollte erkennen, dass es zutiefst menschlich ist sich zu diesen authentischen Werten hingezogen zu fühlen.
Im Umkehrschluss bedeutet das auch, dass die Bekämpfung, Verächtlichmachung authentischer Werke letztlich gegen die Natur des Menschen selbst gerichtet und damit unrecht ist.
Papst Benedikt XVI prangerte dieses Unrecht bezüglich des bis in die Antike zurückreichenden, überlieferten römischen Ritus deutlich an: "Es kann nicht plötzlich falsch und verboten sein, was früheren Generationen heilig war."
Was mich am gregorianischen Choral und an der überlieferten Messe bewegt, ist diese Verbindung von gesungener und wirkender Liturgie, bei der man spürt dass alles gemeinsam historisch gewachsen ist, echt, unverfälscht, authentisch!
Nun sind Menschen, die sich davon faszinieren lassen nicht per se bessere Katholiken, bessere Christen. Ich darf auf niemanden herabsehen, der z.B. partout keinen gregorianischen Choral hören mag, aber ansonsten gerne die hl. Messe in der ordentlichen Form besucht. Mich kann man mit Musik von Richard Wagner auch um die Hausecken jagen. Deswegen muss ich diese Musik nicht schlecht machen. Ich höre eben anderes.
Authentisches kann nicht reformiert werden. Wozu auch? Menschen, die Aufrufe zu Authentizität unterzeichnen, wie z.B. die Petition Pro Ecclesia vertreten keine Randerscheinungen auf irgendeinem Meinungs-Flügel der mit dem gegenüberliegenden Flügel in einen Dialog hineinmoderiert werden muss, wie Exz. EB Zollitsch das etwas naiv ausdrückt. Das Authentische steht in der kraftvollen Mitte, wie eine mächtige Eiche mit starken Wurzeln. Alle Früchte, die von dieser Mitte ausgehen können auch wieder zu ihr zurückgeführt werden. Es ist dieses starke Zentrum, das die Ränder inspiriert und sie über ihre Wurzeln ernährt und stärkt.
So sehe ich auch die gregorianische Messe mit den Wurzeln der hl. Eucharistie, des unverrückbaren Ordinariums und den überlieferten Gebeten.
Wenn z.B. ein Wolfgang Bretschneider als Präsident des ACV meint die Kirchenmusik müsse sich von den "Ketten des Ordinariums" befreien, dann kann er noch so viele Orden und Titel besitzen, meiner Meinung nach hat er etwas Grundsätzliches nicht verstanden. Er ist somit zu bedauern und seine Meinung das Ordinarium betreffend als unbedeutend einzustufen.
Wer den überlieferten Ritus bekämpft, das Messordinarium zerstören, wer den Choral verdrängen will in die spirituell-esoterische Ecke, die Sakramente aufweichen will, bekämpft in letzter Konsequenz die gottgegebene Natur des Menschen sich Authentischem zu öffnen und es anzunehmen, will ihn von den Wurzeln, von der Geschichte der katholischen Lehre und Glaubens entfernen.
just my 2 cents...
2 Kommentare:
Dankeschön. Immer treffend und informativ; nur zu selten! ... da kann man halt nichts machen...
nur zu selten...
Ich will nicht zu stark off-topic abdriften, andererseits ist es auch so, dass das kath-politische Spektakel schon sehr kompetent kommentiert wird von der Blogozöse.
Obiger Artikel stellt eine Überleitung zum nächsten dar, wo ich mich dem Proprium des 02.Juli, Mariä Heimsuchung widmen will unter anderem mit dem Introitus "Salve sancta parens" von Sedulius. Dazu wurden wir nach Aschaffenburg eingeladen. Ich hoffe, dass das Gros meiner Männer mitmachen kann. Sieht gut aus bislang.
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