Dienstag, 17. Mai 2011

Alleluja am Sonntag nach Christi Himmelfahrt

Dominica Post Ascensionem


Alleluja, Alleluja (Ps. 46, 9)
Regnavit Dominus super omnes gentes;
Deus sedet super sedem sanctam suam.
(Der Herr ist König über alle Völker;
Gott sitzt auf seinem heiligem Thron.)

Alleluja (Joh. 14,18)
Non vos relinquam orphanos;
vado et venio ad vos, et gaudebit cor vestrum.
(Ich werde euch nicht als Waisen zurücklassen;
Ich geh und komme wieder zu euch und euer Herz wird sich freuen.)
Alleluja

Oratio



Siehe auch "Downloads", bzw HIER


Von Ostersamstag an bis zu Samstag in der Pfingstwoche werden in der überlieferten Liturgie der gregorianischen Messe vor dem Evangelium zwei aufeinanderfolgende Allelujaverse gesungen, von denen der erste jeweils mit zwei Alleluja beginnt, der zweite mit einem Alleluja beginnt und schließt. Bei einer darauffolgenden Sequenz fällt das Alleluja am Schluss weg. (Quelle: Schott, Ostersamstag).

Diese Praxis war mir bis dato unbekannt, aber je mehr heilige Messen in der überlieferten Form man spielt und singt, desto mehr an liturgischem Reichtum gibt es zu entdecken. Vielen Dank hier an Dr. Michael Tunger (http://www.sinfonia-sacra.de/) für seine freundliche und schnelle Hilfe. Obige Stelle im Schott ist nicht leicht zu finden. 

Das erste Alleluja besticht durch seine wunderschöne dreiklanghafte Melodie und seinen nahezu symmetrisch  aufgebauten kurzen Jubilus (auf der letzten Silbe des Alleluja gesungene Tonfolge).
Der melodische Höhepunkt des Psalmverses beschreibt Gott selbst der über allem thront in melodischer Form. Die oben angegebene mp3 Datei ist tatsächlich die einzige Version, die ich dazu im Web gefunden habe, allerdings so schön gesungen, dass ich es mir mehrmals anhören musste. Viel Spaß wünsche ich den Lesern dabei.



Das 2. Alleluja hat einen deutlich ausschweifenderen Jubilus, dessen Anfangsphrase wahrlich jubilierend 3 mal nacheinander erscheint, bevor sie sich zum Grundton senkt. Kurz nach dem tiefsten Ton im Jubilus, empfahl ich einigen Sängern einen kurzen Schnapp-Atem einzulegen, da es mir wichtiger erscheint, dass die Schola am Ende noch die Kraft hat den Schlusston etwas länger auszusingen. Das ist nicht die reine Lehre, aber zweckmäßig.
Der Psalmvers lehnt sich zunächst harmonisch an die Melodie des Alleluja an.
Erst auf die Textstelle "et veni ad vos" (und ich komme wieder zu euch) folgt eine harmonische Wendung  Es ist die Textstelle in der nun auch musikalisch untermauert wird, dass Gott uns nicht als Waisen zurücklässt.

Und es ist tatsächlich die einzige Stelle im gesamten Alleluja, in der die Melodie nicht entweder auf dem Grundton oder dem Rezitationston vor einem Atemzeichen oder Trennstrich endet. Die zentrale Aussage, das Versprechen zu den Menschen zurückzukehren erhält hiermit im Zentrum der Komposition die bewusste Hervorhebung.
Die ausufernde Melismatik auf dem folgenden "et gaudebit cor vestrum" (und euer Herz wird sich freuen) gründet darauf, ist geknüpft an dieses Versprechen. Doch wann sollte sich nicht Freude zeigen wenn nicht auf diese Aussage hin?

Was folgt ist eine Nachricht an meine Sänger.
Ich denke wir werden in Zukunft mehr Allelujas singen als bisher.
Leider ist das mit einiger Probearbeit verbunden.
Aber glücklicherweise werdet ihr euch bei diesem Ertrag sogar darüber freuen.
Steht sogar im Allelujatext :)

just my 2 cents...

Sonntag, 8. Mai 2011

Erhör mein Rufen, Herr

Dominica Post Ascensionem


Introitus zum Sonntag nach Christi Himmelfahrt

Erhör mein Rufen, Herr, mit dem ich zu Dir flehe, Alleluia.
Es spricht zu Dir mein Herz: Dein Antlitz such suche ich.
Ja, Herr, Dein Antlitz will ich suchen.
Dein Antlitz wende nicht hinweg von mir, Allelija, Alleluia.
Psalm: Der Herr ist mein licht und mein Heil, wen soll ich fürchten?
Gloria Patri: Ehre sei....


In Rom hiess dieser Sonntag nach Christi Himmelfahrt im Mittelalter Rosensonntag, weil man an diesem Tag als Huldigung für den Heiland in den Kirchen Blumen, besonders Rosen streute.


Der Sonntag ist nach der Auferstehung und Himmelfahrt des Herrn ein Sonntag des Abschiedschmerzes, der die Gläubigen dazu drängt im Opfer der hl. Messe das Angesicht des Herrn zu suchen.
Quelle: Das römische Messbuch, Schott, 1962.

Der Text des Introitus zeigt das flehentliche Rufen der Seele, das wiederum eingebettet ist in die Alleluia-Rufe der Osterzeit. Die Freude über den Auferstandenen ist gemischt mit der natürlichen Emotionalität des Menschen, die im Abschied zu Tage kommt.

Diese Bilateralität kommt auch in der Musik zum Ausdruck. An sich steht der Introitus im 1. Ton. Doch der Beginn zeigt eine ungewöhnliche musikalische Wendung im 3. Ton, der charakterisiert ist durch den Halbtonschritt zwischen der 1. und 2. Stufe. Mich erinnerte diese Wendung spontan an den später komponierten Hymnus "Pangue Lingua". Ein musikalisches Zitat halte ich hier durchaus für möglich.

 Optisch wird das durch die unterschiedliche Position des C-Schlüssels nicht sofort ersichtlich, die klangliche Nachbarschaft ist aber deutlich hörbar.
Erst nach diesem Beginn wendet sich der Introitus hin zum 1 Modus
Das Zentrum, die Kernaussage ist sowohl optisch als auch klanglich deutlich hervorgehoben.
Vultum tuum Domine requiram. - Dein Antlitz Herr will ich suchen.
Dieser Abschnitt, textlich die Wiederholung des ersten Flehrufes, wird nicht herausgehoben durch ausufernde Melismen, sondern ist im Gegenteil der schlichteste musikalische Teil dieses Gesangs. Die musikalische Verzierung tritt in den Hintergrund, die liturgische Botschaft wird in reiner syllabischer Form präsentiert.
Mit der Schola versuche ich diesen Teil durch etwas langsameres Singen entsprechend hervorzuheben.

Das Folgende lässt sich jetzt schwer anders erklären, daher eine Neumentabelle vorneweg.

Ein schönes musikalisches Stilmittel in diesem Introitus ist ein zweimalig auftretender Climacus, dessen erster Ton gedeht ist mit anschließendem Quilisma, der seine Entsprechung nochmals findet im finalen Alleluia.
Da die Neumen nur im Graduale Triplex und Graduale Novum unterlegt sind, kann ich mit dem Bildmaterial des Graduale Romanum nur die entsprechenden Stelle einrahmen. Gedehnt gesungene Töne sind eingekreist.
 
Dass bei "cor meum" und "ne avertas" nur der erste Ton des climacus gedehnt ist, im letzten Alleluia zusätzlich vor dieser gruppe ein clivis mit gedehntem ersten Ton erscheint, mag Zufall sein, es rundet die gesamte Komposition aber schön ab.

Hörbeispiel von St. Rene Goupil: Exaudi Domine
Meine oben geschilderte Interpretation hört sich etwas anders an. Ich finde es trotzdem sehr schön solistisch gesungen.

 just my 2 cents....