Dienstag, 20. Dezember 2011

4. Adventssonntag - Live Aufnahmen Schola St. Michael

Dominica Quarta Adventus

Aus der gregorianischen Messe im überlieferten Ritus zum
4. Sonntag im Advent, 17:00 h, Pfarrei St. Michael Nieder-Ramstadt.


Introitus: Rorate coeli de super

Graduale: Prope es Dominus     und
Alleluia: Veni Domine 
nacheinander in einer Aufnahme.

Beim Hören fällt mir auf, dass wir nach dem Alleluia den anschliessenden Gesang von Hochwürden Jolie elegant abgewürgt haben :)
Die Aufnahmeleitung nimmt das nächste Mal bestimmt darauf Rücksicht und lässt das Evangelium weiterklingen.
Der Choral zum Offertorium, das "Ave Maria", wird nachgereicht.

just my 2 cents..

Donnerstag, 15. Dezember 2011

Alleluja: Veni Domine - Vierter Adventssonntag

Dominica Quarta Adventus


Alleluja, alleluja
Komm, Herr, und säume nicht,
und nimm den Druck der Sündenlast
von Deinem Volke Israel.
Alleluja

Zum Anhören bei St. Rene Goupil bitte HIER klicken.

Das Alleluja im 3. Ton, Phrygisch, beginnt relativ untypisch auf der 2. Stufe und endet auf der 6. Stufe. Die Eckpunkte liegen also jeweils einen Ton über dem Grundton, bzw dem Tenorton.
Charakteristische Elemente im Jubilus sind die aufeinander folgenden, melodisch absteigenden Clivis, von denen jeweils der erste gedehnt ist. Im Beispiel rot eingekreist (zur Erklärung siehe bitte das Java-applet "Neumen" rechts oben an der Seite).


Das eindeutige Zentrum des Gesangs bilden die "Sünden", deren Vergebung der Beter vom Herrn erbittet. Das "Komm Herr", der Ruf nach der Ankunft des Herrn erhält hier seine theologische Bedeutung. Wie Papst Benedikt in seinem ersten Buch "Jesus von Nazareth" ausführt schwingt in diesem Ruf nicht nur die Hoffnung über die Ankunft des Erlösers mit, sondern offenbart sich direkt der gesamte Kreis der Gnade und Erlösung von der Ankunft bis zum Tod am Kreuz und Auferstehung - die Erlösung der Sünden der Welt.

In eindringlicher dreifacher Ausführung wird die "facinora - Sündenlast" besungen und bekannt, ihre Bedrohung durch Wiederholen im solistisch gesungenen Teil herausgestellt.

Direkt danach setzt die Schola ein, passenderweise zu den Worten "plebis tuae - deinem Volk" und beendet den Psalmvers mit einem beeindruckend tief führenden Melisma. Hier müssen die Sänder sich zurücknehmen, dürfen die tiefen Töne nicht pressen, sondern möglichst leicht mit heller Vokalfärbung singen - in diesem Fall natürlich aus klanglichen Gründen, nicht aus theologischen :). Die rot eingekreisten Töne sollen darüberhinaus auch noch gedehnt erklingen, was die Sache auch nicht einfacher macht.

Ganz unbekannt ist mir diese musikalische Wendung allerdings nicht. Im alten Rom gabs offensichtlich auch Copy&Paste, nur eben noch nicht per Mausclick.
Beim Graduale zum Fest Mariä Heimsuchung gibt es die identische Melodie in der letzten Choralzeile.
Vergleiche bitte:

Aber schön ist es trotzdem.

just my 2 cents...

Mittwoch, 14. Dezember 2011

Graduale: Prope est Dominus - Vierter Adventssonntag

Dominica Quarta Adventus


(Ps. 144, 18 u. 21)
Nahe ist der Herr allen, die zu Ihm rufen,
allen, die aufrichtig zu Ihm rufen.
Vers:
Laut soll mein Mund das Lob des Herrn verkünden,
und alles Leben preis Seinen heiligen Namen.
Zum Anhören bei St. Rene Goupil bitte HIER klicken.

Neuer Record (2015)


Siehe auch "Downloads", bzw HIER




Der Gesang scheint am Anfang das "Nahe ist der Herr - Prope est Dominus" wörtlich zu nehmen zumindest wenn man die "nahe beieinanderliegenden" Noten, den kleinenTonraum zu Beginn bis zum Asteriscus (*) wo die Schola einsetzt, so interpretieren will.
Auch bei diesem Gesang ist die Einleitung nicht im eigentlichen 5. Choralton, Lydisch, gesetzt sondern bewegt sich im 6. Ton, im hypolydischen Tonraum. Das ist für den Sänger durchaus eine Herausforderung, wird doch durch die lydische Forsetzung eine grosser Tonraum geschaffen, der sängerisch zu bewältigen ist.
Dann beginnt er zu singen bei "allen die zu Ihm rufen - omnibus invocantibus eum" wobei "eum", der Herr, besonders reich ausgeschmückt ist und auf dem Grundton endet. Hier müssen die Sänger auf die saubere Ausführung der Tonwiederholungen achten.
Bei "omnibus invocant eum - allen die zu ihm ...rufen" wird der eigentliche lydische Tonraum wieder nach unten verlassen wie um Platz zu schaffen für den Kern der Aussage "in veritate - wahrhaftig, aufrichtig". Es geht eben nicht nur darum nach dem Herrn zu rufen, es bedarf auch der entsprechenden inneren Geisteshaltung. Dies wird hier in einem langen Melisma hervorgehoben:

Interessant ist der Schluss des Melismas. Es kam mir vor wie ein musikalisches Deja vu zu einem Graduale, das wir dieses Jahr schon gesungen hatten. Vergleiche HIER den Abschnitt "orbis terrarum", bzw siehe den entsprechenden Bildausschnitt, den ich dort besprochen hatte:

Was sich optisch nicht direkt erschließt, ist klanglich eindeutig verwandt. Die gleiche Phrase erklingt nochmal in der Schlusswendung in diesem Gesang - "ejus" - wo die Schola wieder miteinsetzt. Siehe hier:

Im Melisma zu "veritate" erklingt die Phrase zweimal nacheinander, wobei beim zweiten Mal eine Steigerung eingesetzt wird, die dann auch am Ende bei "ejus" den Schluss des Gesangs bildet.

Der Psalmvers bietet bei "Domini" eine schöne musikalische dreimalige Wendung mit der Dehnung des jeweils oberen Tons: Die Folgendehnungen sind in der Quadratnotation nicht wiedergegeben, aber im Graduale Triplex aus den Neumen eindeutig ableitbar. Ich habe die Stellen rot eingekreist.

Sängerisch nicht einfach fand ich den Quintsprung nach unten bei "benedicat", der sich doch deutlich abhebt vom relativ hohen und melodisch eng begrenzten Melisma bei "os meum - mein Mund". Den einfachsten Zugang finde ich hier, wenn ich die Passage vom Tenorton her "denke", auf dem sowohl das meum als auch das benedicat enden.


Als ein Fan von symetrischen Wendungen möchte ich zum Schluss noch das "omnis caro" hervorheben.
Bei imnis führt der Gesang melodisch nach oben, wird abgelöst von einem Mittelteil, der in sich durch die Dehnungen symetrisch aufgebaut ist und schliesst mit einer elegant nach unten führenden am Ende gedehnten Wendung - ein Kleinod.


just my 2 cents...

Introitus: Rorate coeli de super - Vierter Adventssonntag

Dominica Quarta Adventus


Dieser Sonntag hatte ursprünglich keine eigene Liturgie, da der Gottesdienst des vorangehenden Quatembertages, der sich mit der Erteilung der heiligen Weihen durch die ganze Nacht hinzog, erst mit der Frühe des Sonntags zu Ende ging. Später schob man die Quatemberfeier auf den Morgen des Samstags und stellte dann, meist aus Texten der Quatembertage, eine eigene Messe für diesen Sonntag zusammen.
(Quelle: Schott)
Die Praxis der Quatemberwoche nach dem 3. Adventssonntag ist bereits durch Papst Leo dem Großen (um 400-461) bezeugt, hat also eine beeindruckend lange Tradition. Im Zuge der Liturgiereform beschloss die Deutsche Bischofskonferenz 1972, den sog. Winterquatember in die erste Adventswoche zu legen. Die Gründe dafür sind mir nicht bekannt.

Der Introitus selbst ist ein sehnsuchtsvoller Ruf nach dem Erlöser. Ausserdem fungiert er als Namensgeber für die sog. "Rorate"-Messen im Advent, die in der Regel früh morgens an Wochentagen gelesen werden.
Für einen Sonntag, der zunächst keine eigene Liturgie hatte eine erstaunliche "Karriere", aber auch ein Beleg für die Nachhaltigkeit und die spirituelle, liturgische Tiefe seiner Texte, die auch in vielen Kirchenliedern verwendet werden, z.B. im Lied "Tauet Himmel den Gerechten" oder in Friedrich Spee's "O Heiland reiß den Himmelauf" in der Strophe:
O Gott ein Tau vom Himmel gieß,
im Tau herab, o Heiland fließ.
Ihr Wolken brecht und regnet aus
den König über Jakobs Haus.

(Is. 45,8)
Tauet, Himmel, von oben!
Ihr Wolken, regnet den Gerechten!
Es öffne sich die Erde und sprosse den Heiland hervor!
(Ps. 18,2)
Die Himmel künden Gottes Herrlichkeit,
und Seiner Hände Werke rühmt das Himmelszelt.
(Quelle: Schott)


Zum Anhören bei St. Rene Goupil, bitte HIER klicken.

Der Choral beginnt mit einer kräftigen authentischen Melodiefloskel zwischen dem Grundton und dem Tenorton des dorischen Modus, die shensuchtsvolle Anrufung lautmalerisch steigernd zum höchsten melodischen Punkt auf den Text "de super" (von oben).
Der "Gerechte" (justum) auf den die Welt so sehnsüchtig wartet ist im Anfangston gedehnt. Ich lasse die Schola auch auf dem letzten Ton von justum etwas verweilen.

Beim "aperiatur terra" (es öffne sich die Erde) wird die Größe der Bitte durch die relativ grosse Melodiedistanz unterstrichen, die den Gesang schliesslich wieder zum Grundton zurückführt um in der erdigen Tiefe und Kraft des 1. Modus den zu erwähnen, dem alle Bitten und alle Rufe gelten - SALVATOREM, dem Erlöser, dem Retter, dem Heiland.

Der Gesang ist kurz und eindeutig, wie seine Botschaft. 
Er verzichtet auf grosse Umschreibungen, auf umständliche Melismen (grosse Koloraturen auf einer Silbe).
Der Kern der christlichen Sehnsucht bedarf keiner Umschweife, er kommt direkt zum Punkt.
Darin ist auch die Popularität der Texte und der Gesänge begründet, die sich auf diese Rufen beziehen.
Nebensächlichkeite würden im Lauf der Jahrzehnte und Jahrhunderte untergehen. Kernbotschaften leben weiter, wie angedeutet in vielen Formen und Liedern.

just my 2 cents...