Mittwoch, 14. Dezember 2011

Graduale: Prope est Dominus - Vierter Adventssonntag

Dominica Quarta Adventus


(Ps. 144, 18 u. 21)
Nahe ist der Herr allen, die zu Ihm rufen,
allen, die aufrichtig zu Ihm rufen.
Vers:
Laut soll mein Mund das Lob des Herrn verkünden,
und alles Leben preis Seinen heiligen Namen.
Zum Anhören bei St. Rene Goupil bitte HIER klicken.

Neuer Record (2015)


Siehe auch "Downloads", bzw HIER




Der Gesang scheint am Anfang das "Nahe ist der Herr - Prope est Dominus" wörtlich zu nehmen zumindest wenn man die "nahe beieinanderliegenden" Noten, den kleinenTonraum zu Beginn bis zum Asteriscus (*) wo die Schola einsetzt, so interpretieren will.
Auch bei diesem Gesang ist die Einleitung nicht im eigentlichen 5. Choralton, Lydisch, gesetzt sondern bewegt sich im 6. Ton, im hypolydischen Tonraum. Das ist für den Sänger durchaus eine Herausforderung, wird doch durch die lydische Forsetzung eine grosser Tonraum geschaffen, der sängerisch zu bewältigen ist.
Dann beginnt er zu singen bei "allen die zu Ihm rufen - omnibus invocantibus eum" wobei "eum", der Herr, besonders reich ausgeschmückt ist und auf dem Grundton endet. Hier müssen die Sänger auf die saubere Ausführung der Tonwiederholungen achten.
Bei "omnibus invocant eum - allen die zu ihm ...rufen" wird der eigentliche lydische Tonraum wieder nach unten verlassen wie um Platz zu schaffen für den Kern der Aussage "in veritate - wahrhaftig, aufrichtig". Es geht eben nicht nur darum nach dem Herrn zu rufen, es bedarf auch der entsprechenden inneren Geisteshaltung. Dies wird hier in einem langen Melisma hervorgehoben:

Interessant ist der Schluss des Melismas. Es kam mir vor wie ein musikalisches Deja vu zu einem Graduale, das wir dieses Jahr schon gesungen hatten. Vergleiche HIER den Abschnitt "orbis terrarum", bzw siehe den entsprechenden Bildausschnitt, den ich dort besprochen hatte:

Was sich optisch nicht direkt erschließt, ist klanglich eindeutig verwandt. Die gleiche Phrase erklingt nochmal in der Schlusswendung in diesem Gesang - "ejus" - wo die Schola wieder miteinsetzt. Siehe hier:

Im Melisma zu "veritate" erklingt die Phrase zweimal nacheinander, wobei beim zweiten Mal eine Steigerung eingesetzt wird, die dann auch am Ende bei "ejus" den Schluss des Gesangs bildet.

Der Psalmvers bietet bei "Domini" eine schöne musikalische dreimalige Wendung mit der Dehnung des jeweils oberen Tons: Die Folgendehnungen sind in der Quadratnotation nicht wiedergegeben, aber im Graduale Triplex aus den Neumen eindeutig ableitbar. Ich habe die Stellen rot eingekreist.

Sängerisch nicht einfach fand ich den Quintsprung nach unten bei "benedicat", der sich doch deutlich abhebt vom relativ hohen und melodisch eng begrenzten Melisma bei "os meum - mein Mund". Den einfachsten Zugang finde ich hier, wenn ich die Passage vom Tenorton her "denke", auf dem sowohl das meum als auch das benedicat enden.


Als ein Fan von symetrischen Wendungen möchte ich zum Schluss noch das "omnis caro" hervorheben.
Bei imnis führt der Gesang melodisch nach oben, wird abgelöst von einem Mittelteil, der in sich durch die Dehnungen symetrisch aufgebaut ist und schliesst mit einer elegant nach unten führenden am Ende gedehnten Wendung - ein Kleinod.


just my 2 cents...

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