Sonntag, 8. Mai 2011

Erhör mein Rufen, Herr

Dominica Post Ascensionem


Introitus zum Sonntag nach Christi Himmelfahrt

Erhör mein Rufen, Herr, mit dem ich zu Dir flehe, Alleluia.
Es spricht zu Dir mein Herz: Dein Antlitz such suche ich.
Ja, Herr, Dein Antlitz will ich suchen.
Dein Antlitz wende nicht hinweg von mir, Allelija, Alleluia.
Psalm: Der Herr ist mein licht und mein Heil, wen soll ich fürchten?
Gloria Patri: Ehre sei....


In Rom hiess dieser Sonntag nach Christi Himmelfahrt im Mittelalter Rosensonntag, weil man an diesem Tag als Huldigung für den Heiland in den Kirchen Blumen, besonders Rosen streute.


Der Sonntag ist nach der Auferstehung und Himmelfahrt des Herrn ein Sonntag des Abschiedschmerzes, der die Gläubigen dazu drängt im Opfer der hl. Messe das Angesicht des Herrn zu suchen.
Quelle: Das römische Messbuch, Schott, 1962.

Der Text des Introitus zeigt das flehentliche Rufen der Seele, das wiederum eingebettet ist in die Alleluia-Rufe der Osterzeit. Die Freude über den Auferstandenen ist gemischt mit der natürlichen Emotionalität des Menschen, die im Abschied zu Tage kommt.

Diese Bilateralität kommt auch in der Musik zum Ausdruck. An sich steht der Introitus im 1. Ton. Doch der Beginn zeigt eine ungewöhnliche musikalische Wendung im 3. Ton, der charakterisiert ist durch den Halbtonschritt zwischen der 1. und 2. Stufe. Mich erinnerte diese Wendung spontan an den später komponierten Hymnus "Pangue Lingua". Ein musikalisches Zitat halte ich hier durchaus für möglich.

 Optisch wird das durch die unterschiedliche Position des C-Schlüssels nicht sofort ersichtlich, die klangliche Nachbarschaft ist aber deutlich hörbar.
Erst nach diesem Beginn wendet sich der Introitus hin zum 1 Modus
Das Zentrum, die Kernaussage ist sowohl optisch als auch klanglich deutlich hervorgehoben.
Vultum tuum Domine requiram. - Dein Antlitz Herr will ich suchen.
Dieser Abschnitt, textlich die Wiederholung des ersten Flehrufes, wird nicht herausgehoben durch ausufernde Melismen, sondern ist im Gegenteil der schlichteste musikalische Teil dieses Gesangs. Die musikalische Verzierung tritt in den Hintergrund, die liturgische Botschaft wird in reiner syllabischer Form präsentiert.
Mit der Schola versuche ich diesen Teil durch etwas langsameres Singen entsprechend hervorzuheben.

Das Folgende lässt sich jetzt schwer anders erklären, daher eine Neumentabelle vorneweg.

Ein schönes musikalisches Stilmittel in diesem Introitus ist ein zweimalig auftretender Climacus, dessen erster Ton gedeht ist mit anschließendem Quilisma, der seine Entsprechung nochmals findet im finalen Alleluia.
Da die Neumen nur im Graduale Triplex und Graduale Novum unterlegt sind, kann ich mit dem Bildmaterial des Graduale Romanum nur die entsprechenden Stelle einrahmen. Gedehnt gesungene Töne sind eingekreist.
 
Dass bei "cor meum" und "ne avertas" nur der erste Ton des climacus gedehnt ist, im letzten Alleluia zusätzlich vor dieser gruppe ein clivis mit gedehntem ersten Ton erscheint, mag Zufall sein, es rundet die gesamte Komposition aber schön ab.

Hörbeispiel von St. Rene Goupil: Exaudi Domine
Meine oben geschilderte Interpretation hört sich etwas anders an. Ich finde es trotzdem sehr schön solistisch gesungen.

 just my 2 cents....

6 Kommentare:

jolie hat gesagt…

danke für diese erläuterungen!

bin schon sehr gespannt.

sicher auch für andere scholaleiter interessant.
wie wäre es mit:

http://www.choralschola-seligenstadt.de/

wrtlx hat gesagt…

Würde mich freuen, wenns so wäre, aber die haben glaube ich eine andere Kragenweite. Da kommen wir nicht so ganz hin.
25 Sänger, Ausrichtung von Gregorianiktagen - das ist schon beeindruckend, was die in Seligenstadt auf die Beine stellen.

Unknown hat gesagt…

Es hat ein wenig gedauert...jetzt ist wieder was gekommen. Dankeschön. Sehr gut und im Voraus. Klasse. - Was Seligenstadt anbelangt: Da steckt mir zu sehr der Stil von Godehard Joppich drin. Gefällt mir nicht so gut.
Wir singen wieder ende Mai in Mönchengladbach mit unserer "Schola Carolina" mit Dr. michael Tunger.
http://www.sinfonia-sacra.de/Plakat_27_05_2011.pdf

wrtlx hat gesagt…

Das würde ich mir gern anhören, wenns nicht so weit weg wäre. Auch wegen der Hilfsbereitschaft von Dr. Tunger. Ein Post zum "Rosensonntag" kommt noch die Alleluias betreffend. Da hat er mir schnell und kompetent via mail geholfen, was die Aufführungspraxis betrifft. Ich habe erst danach im Schott bei Ostersamstag auch noch einen Kommentar dazu gefunden, wie man 2 aufeinanderfolgende Alleluias singt. Viel Spass in Mönchengladbach am 27.05 und den Klassenerhalt nächsten Samstag :)

jolie hat gesagt…

vielleicht machen wir mit der männeschola mal ein gastspiel bei hw. rodheudt in herzogenrath. wär doch mal was. anschließend erkundung der gastronomie rings um den aachener dom....

wrtlx hat gesagt…

Boah, Landpfarrer müsste man sein. Dann hat man Geld, reist in der Welt rum und kann sich kulinarisch verwöhnen lassen.

Von mir aus ja, die Regierung hat unter Auflagen grünes Licht gegeben. Mal gucken was die Männer dazu meinen.